Zweiter Streich

Ach, der guten Tante Herz
Fühlte tief den Nadelschmerz
Und sie dachte, wie sie tröste
Ihre angespießten Gäste.
»Ja!« So fiel ihr plötzlich ein,
»Butter kann es ganz allein,
Weil das Fett die Gurgeln schmiert
Und den wunden Hals kuriert.«
Also ging sie zu der Kuh.
Willig sprach das Haustier »Muh!«
Und gab selbstlos - stripp und strapp -
Ihre beste Rahmmilch ab.
Dorothee, noch kummerblaß,
Goß die Milch in's Butterfaß.
Dann voll Wehmut - rumdibum -
Rührte sie im Kreis herum.
Maus und Molli unterdessen
Fragten still sich: »Wegen wessen?«
Und im sichern Hintergrund
Schlossen sie den schwarzen Bund.
Außen an des Hauses Ecke
Saß der Maler Meister Zecke -
Der die Wand mit Farbe strich
Und an Wurst erlabte sich.
Maus und Molli, die zwei Raben,
Spitzten nach dem alten Knaben.
Jener dachte das und dies,
Während er in's Wurstbrot biß.
Da ließ in den Farbtopf fallen -
Plumps - das Paar den Butterballen.
Surrdisum - den Pinsel hob er,
Strich die Mauer mit Zinnober.
»Hei!« sprach Zeck. »Potz Unterfutter!
Das geht heut' geschmiert wie Butter.«
Seht, er dachte nicht dabei,
Daß ja Butter drunter sei.
Wie sein Kübel endlich leer,
Ging er heim und schmauchte sehr.
Doch die Tante aus dem Haus
Abends ließ die Kuh heraus,
Daß sie für die Milchabgabe
Sich an grünen Kräutern labe.
Auf der Wiese nahe dran
Hat sie das oft gern getan.
Schnubbernd hob das Tier die Nas:
»Guckste wohl! Was ist denn das?«
Gierig fing sie an, die Ecken
Mit der Zunge abzulecken.
Aber die Zinnoberbutter
Ist ein schlechtes Rindviehfutter.
Angeschwollen gräßlich - ach! -
Platzte sie mit einem Krach.
Jemine! Da aus dem Haus
Eilte Dorothee heraus.
Von der Kuh zu ihrem Schreck
Flogen rings die Trümmer weg.

Dieses war der zweite Streich.
Doch der dritte folgt sogleich.

Weiter mit dem dritten Streich

Erstellt von Jochen Schöpflin
Zuletzt aktualisiert am Freitag, 19. August 2005