Wilhelm Busch

Die fromme Helene

Fünftes Kapitel

DER LIEBESBRIEF

»Und wenn er sich auch ärgern sollte,
Was schert mich dieser Onkel Nolte!«

So denkt Helene, leider Gotts!
Und schreibt dem Onkel grad zum Trotz:
»Geliebter Franz!
Du weißt es ja, Dein bin ich ganz!
Wie reizend schön war doch die Zeit,
Wie himmlisch war das Herz erfreut,
Als in den Schnabelbohnen drin
Ein Jemand eine Jemandin,
Ich darf wohl sagen: herzlich küßte. -
Ach Gott, wenn das die Tante wüßte!
Und ach! wie ist es hierzuland
Doch jetzt so schrecklich anigant!
Der Onkel ist, gottlob, recht dumm,
Die Tante nöckert so herum,
Und beide sind so furchtbar fromm;
Wenn's irgendmöglich, Franz, so komm
Und trockne meiner Sehnsucht Träne!
Zehntausend Küsse von     Helene!«
Jetzt Siegellack! - Doch weh! alsbald
Ruft Onkel Nolte donnernd: »Halt!«
Und an Helenens Nase stracks
Klebt das erhitzte Siegelwachs.

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Schluss

Erstellt von Jochen Schöpflin
Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, 17. August 2005