Wilhelm Busch

Die fromme Helene

Sechstes Kapitel

EINE UNRUHIGE NACHT

In der Kammer, still und donkel,
Schläft die Tante bei dem Onkel.
Mit der Angelschnur versehen
Naht sich Lenchen auf den Zehen.
Zupp! - Schon lüftet sich die Decke
Zu des Onkels großem Schrecke.
Zupp! - Jetzt spürt die Tante auch
An dem Fuß den kalten Hauch.
»Nolte!« - ruft sie - »Lasse das,
Denn das ist ein dummer Spaß!«
Und mit Murren und Gebrumm
Kehrt man beiderseits sich um.
Schnupp! - Da liegt man gänzlich bloß
Und die Zornigkeit ist groß;
Und der Schlüsselbund erklirrt,
Bis der Onkel flüchtig wird.
Autsch! Wie tut der Fuß so weh!
An der Angel sitzt der Zeh.
Lene hört nicht auf zu zupfen,
Onkel Nolte, der muß hupfen.
Lene hält die Türe zu.
Oh, du böse Lene du!
Stille wird es nach und nach,
Friede herrscht im Schlafgemach.

Am Morgen aber wird es klar,
Was nachts im Rat beschlossen war.
Kalt, ernst und dumpf sprach Onkel Nolte:
»Helene, was ich sagen wollte: -«

»Ach!« - rief sie - »Ach! Ich will es nun
Auch ganz gewiß nicht wieder tun!«
»Es ist zu spät! - drum stantepeh
Pack deine Sachen! - So! - Ade!«

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Schluss

Erstellt von Jochen Schöpflin
Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, 17. August 2005